Literatur im »Giftschrank« –Benutzungsbeschränkung in den Bibliotheken

Die Hochschulbibliotheken der DDR erwarben auch Publikationen aus dem sogenannten »Nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet«: Fachbücher, belletristische Literatur und Zeitungen. Der Zugang zu diesen Titeln war jedoch streng reglementiert, sie landeten im »Giftschrank«.

Auf Publikationen aus dem nichtsozialistischen Ausland konnte in den DDR-Hochschulbibliotheken nicht im Freihandbereich zugegriffen
werden. Sie wurden in abgeschlossenen Bereichen aufbewahrt, im allgemeinen Sprachgebrauch auch als »Giftschrank« bezeichnet.
Solche Titel waren speziell gekennzeichnet. Eine Einsichtnahme oder gar Ausleihe war nur nach Vorlage einer entsprechenden Genehmigung der zuständigen Abteilungsleiter möglich. Selbst Mitarbeiter der Bibliothek konnten nur mit Genehmigung Einsicht in diese Publikationen nehmen.

Bereits die Benutzungsordnung der Universitätsbibliothek Jena aus dem Jahr 1968 enthielt Festlegungen zu »benutzungseingeschränkter
Literatur« und »Ausleihbeschränkungen«.

In Jena wurden auf den Buchdeckeln der betroffenen Publikationen Stempel mit den Vermerken »Nur für wissenschaftliche Zwecke« oder »Nur mit besonderer Genehmigung« angebracht. Auch handschriftliche
Vermerke in Form von blauen Kreuzen waren in Jena üblich. Diese fanden sich zusätzlich auf den Karteikarten der Standortkataloge.

Im Bestand der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena lassen sich bis heute zahlreiche einst benutzungseingeschränkte
Publikationen nachweisen. Beispiele für solche nicht zugänglichen Titel, die aufgrund ihres Inhalts oder schlichtweg ihrer westlichen
Herkunft als besonders bedenklich galten, sind der Roman »Der Butt« von Günter Grass, das Mitteilungsblatt des Rektors der Universität Zürich und das in Düsseldorf erschienene Mitteilungsblatt der KPD »Freies Volk«.