Anzeichen von Aufbegehren und Opposition

Das Studienjahr 1988 beginnt mit dem Sputnik-Verbot. Es endet mit dem Blutbad in Peking und der Grenzöffnung zwischen Ungarn und Österreich. Die Unzufriedenheit der Studenten mit dem politischen System der DDR war der Universitätsleitung bekannt. Mehr Agitation sollte Abhilfe schaffen.

Das Studienjahr 1988 beginnt mit einem politischen Skandal, der auch in den Hörsälen der Karl-Marx-Universität Wellen schlägt.
Am 18. November wird das sowjetische Magazin Sputnik von der Postzeitungsliste gestrichen. Ab diesem Tag wurden Abonnenten
nicht mehr mit den Heften beliefert und der öffentliche Verkauf des Magazins eingestellt.

Bisher hatte der Sputnik mit Zusammenstellungen aus der sowjetischen Presse über die Sowjetunion informiert. Nun hatte sich jedoch
die sowjetische Regierungspolitik unter Generalsekretär Gorbatschow geändert. Die DDR-Regierung wollte kritische Berichte über die
stalinistische Vergangenheit und zahllose Verbrechen nicht öffentlich machen. Gegen das Verbot der Zeitschrift protestierten einzelne Bürger, und auch in FDJ-Versammlungen debattierten Studenten offen und kritisch.

Selbst unter den Professoren gab es Skepsis, ob die Parteiführung hier nicht überreagierte. Die SED-Kreisleitung der Universität verzeichnete im November 1988 Unruhe unter den Universitätsangehörigen.
Das Sputnik-Verbot war nicht das einzige viel diskutierte Thema. Immer mehr Bürger wollten die DDR dauerhaft Richtung BRD verlassen,
obwohl Ausreiseanträge mit staatlichen Schikanen und einem kompletten Vermögensverlust verbunden waren. Die Zahl der Anträge war aber so stark gestiegen, dass die staatliche Führung gezwungen war, zu reagieren. Viele DDR-Bürger versuchten, mittels Ausreiseantrag
eine Verbesserung ihrer beruflichen oder persönlichen Situation zu erzwingen.

Die Kommunalwahlen im Mai 1989 beflügelten die breite Unzufriedenheit mit der DDRFührung weiter. Ungeachtet dessen entsandte die Karl-Marx-Universität kurz darauf mehrere Studentengruppen zum Pfingsttreffen der FDJ nach Berlin, wo der Jugendverband auf Massenkundgebungen ein »leidenschaftliches
Bekenntnis der Jugend zum sozialistischen Vaterland« feierte.
Eine politische Studienjahresanalyse vom 26. Mai 1989 stellte fest, dass es nur einzelne Studenten seien, die Reformen in der DDR verlangten. Als Probleme nannten sie die verkrusteten Dogmen des Marxismus-Leninismus und den Gegensatz zwischen Erfolgspropaganda und erlebtem Alltag, Umweltbelastung, die steigenden Ausreisezahlen und die Wohnungsfrage. Das Sputnik-Verbot hatte in ihren Augen die mangelnde Lehr- und Forschungsfreiheit offengelegt.

Die staatlichen Leitungen sahen im Frühsommer 1989 nur eine wirksame Abhilfe, um die Unruhe zu dämpfen: Eine Verbesserung
der Lehrkonzeptionen in Marxismus-Leninismus sollte helfen. SED-Genossen bekamen den Auftrag, individuell auf die Studenten einzuwirken. Das Studienjahr 1988 beginnt mit dem Sputnik-Verbot. Es endet mit dem Blutbad in Peking und der Grenzöffnung zwischen Ungarn und Österreich. Die Unzufriedenheit der Studenten mit dem politischen System der DDR war der Universitätsleitung bekannt. Mehr Agitation sollte Abhilfe schaffen.

Das Studienjahr 1988 endete mit zwei Paukenschlägen. Anfang Juni 1989 wurden Studentenproteste in Peking blutig niedergeschlagen. Gut vier Wochen später, Ende Juni 1989, begannen Österreich und Ungarn
die Grenzbefestigungen abzubauen. Die Studenten gingen Anfang Juli 1989 wie üblich zum kollektiven Arbeitseinsatz in die Betriebe und trafen dort auf eine mindestens ebenso politisierte Arbeiterschaft. Eine Frage
beschäftigte alle: Wie würde sich die Lage in
der DDR weiterentwickeln?