Der Runde Tisch – Kompromissbereitschaft in Umbruchzeiten

In den Jahren 1989/90 entstanden in vielen osteuropäischen Staaten
sogenannte Runde Tische. Als Symbol für den Übergang von der
Herrschaft des SED-Regimes zu einer demokratischen Regierungsform war der Runde Tisch ein Wendepunkt in der Geschichte Deutschlands.

Die Entstehung des Runden Tisches war eng mit den Ereignissen der Friedlichen Revolution verbunden, die sich ab Herbst 1989 in
der DDR entfaltete. Angesichts zunehmender Proteste, Demonstrationen und des wachsenden Drucks der Bevölkerung auf das politische
System sah sich die Regierung gezwungen, Reformen einzuleiten und einen Dialog mit den Oppositionsgruppen aufzunehmen.

Auch das Kollegium der Hochschule für Architektur und Bauwesen Weimar (HAB) beschloss am 18. Dezember 1989 die Bildung eines
Runden Tisches. Dieser wurde schließlich am 17. Januar 1990 durch den Rektor als Interimslösung beim Übergang hin zu demokratischen
Formen einberufen. Neben dem Rektor nahmen gewählte Beauftragte aus Sektionen und zentralen Einrichtungen sowie Studierende daran teil.

Der Runde Tisch war angetreten, um die Arbeit der alten Gremien und Leitungen zu kontrollieren und einen demokratischen Meinungsbildungsprozess über Verfassungs- und Strukturveränderungen der HAB zu ermöglichen. Einerseits Misstrauen gegenüber bisherigen Strukturen und andererseits der Wille, aktiv für eine Demokratisierung zu arbeiten, waren die Motive derjenigen, die am Runden Tisch zusammenkamen. Sie berieten den Wissenschaftlichen Rat und stellten Leitlinien zur Arbeitsweise der verfassungsgebenden Versammlung, des Konzils, auf.


Der Runde Tisch erarbeitete einen Maßnahmenplan zur Inkraftsetzung des Status der Hochschule. Von zentraler Bedeutung blieb
die »Sputnik«-Affäre und die Rehabilitierung der betroffenen Personen. Sämtliche Entscheidungen mit strukturellen Folgen für die
Hochschule wurden durch den Runden Tisch begleitet. Im Rahmen des Demokratisierungsprozesses wurden in der Senatssitzung vom 17. Mai 1990 Strukturmaßnahmen beschlossen, die die Grundlage für das Profil der heutigen Bauhaus-Universität Weimar legten. Dazu gehörte die Bildung von fünf Fakultäten und
die mögliche Erweiterung um eine Fakultät für Bildende Kunst. Nach 15 Sitzungen beschloss der Runde Tisch am 17. Mai 1990 seine
Auflösung, da seine Aufgaben erfüllt waren.