Unabhängig vom städtischen Kulturleben organisierten Leipziger Studenten ihre eigene Freizeit. Mancher Kulturabend wie auch die
einfachen Vergnügungen entsprachen 1988 schon nicht mehr
den offiziellen Richtlinien der Politik.
Für die kulturellen Aktivitäten der Studenten war die staatliche Jugendorganisation FDJ zuständig. Die in allen Fachrichtungen existierenden FDJ-Gruppen setzten das vielfältige studentische Kulturleben um. Dabei nahmen sich engagierte junge Leute immer wieder Freiheiten und entwickelten ein gewisses künstlerisches Chaos.
Größere FDJ-Studentenklubs, wie die Moritzbastei, wurden von hauptamtlichen Klubhausleitern und fest angestellten Mitarbeitern
geführt. Studenten übernahmen als FDJ-Mitglieder die abendliche Tätigkeit als Ordnungsgruppe, in der Gastronomie, bei der Programmgestaltung und die Verantwortung für die Technik. Das kulturelle Ehrenamt war attraktiv, weil man dadurch leichter an weitere
Karten kam.
Allein in der Moritzbastei fanden pro Jahr über 600 Veranstaltungen statt. Jährliche Höhepunkte waren der Fasching und das
Litera-Tour-Fest im Oktober. Einen Abend lang zogen Autorenlesungen, ein Antiquariats- und Grafikmarkt, klassische Literaturverfilmungen
und Kabarettaufführungen viele Studenten an.
Zu den regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen gehörten wöchentliche Diskussionsforen über aktuell-politische, naturwissenschaftliche und philosophische Themen, aber am besten besucht waren die Disco am Mittwoch und die Konzerte am Wochenende.
Die Eintrittspreise waren für alle bezahlbar und begannen bei 2 Mark. Als preiswerte Versorgung gab es ein Glas Bier für 40 Pfennig und eine Bockwurst mit Brötchen und Senf für 85 Pfennig. Der Eintritt war nur mit einem gültigen Studentenausweis der DDR möglich. Üblicherweise war der Andrang so groß, dass gar nicht alle Studenten Zutritt erhielten.
Die Universität stellte der FDJ weitere Räume für studentische Veranstaltungen zur VerUnabhängig vom städtischen Kulturleben organisierten Leipziger Studenten ihre eigene Freizeit. Mancher Kulturabend wie auch die einfachen Vergnügungen entsprachen 1988 schon nicht mehr den offiziellen Richtlinien der Politik.
fügung. Berühmte Beispiele waren die Feiern in der Kalinin-Mensa (Kupfergasse), die Konzerte im Universitäts-Innenhof oder die
Faschingsveranstaltungen im TV-Klub (Hörsaal Johannisallee).
Darüber hinaus boten kleine Klubräume in den Wohnheimen eine kulturelle Vielfalt auf kurzem Weg, als Ausgleich zum durchorganisierten Studienjahr. Diese Wohnheimklubs wurden von Studenten aus den Fachrichtungen selbst betreut. Im Wohnheim in der Straße des 18. Oktober wohnten die Germanistikstudenten, die dort den Pegasus-Klub
gründeten. Hier gab es Gesprächsrunden über Literatur, Lyrik-Abende, Schriftstellerlesungen, Auftritte für Amateurkabarettisten und regelmäßige Tanzabende. Außerdem wurde kein Anlass zum Feiern ausgelassen: Geburtstage, Prüfungsabschlüsse, Bergfeste,
Semesterbeginn und natürlich das Semesterende.