Einleitung

Das letzte Studienjahr in einer unerschütterlich sozialistischen DDR begann im Herbst 1988. Nichts schien sich jemals zu ändern. Doch am Ende des Studienjahres, im August 1989, hatte das festgefügte System unübersehbare Risse bekommen und wenige Wochen später demonstrierten die Menschen auf den Straßen.

Im September 1988 begann das Studienjahr wie immer. Studentinnen und Studenten bezogen die Wohnheimzimmer und die Studienanfänger nahmen im FDJ-Hemd an der feierlichen Immatrikulation teil. Alle gemeinsam mussten sich dann in der »Roten Woche« politisch-ideologische Vorträge anhören.

Schon vor dem Studienbeginn hatte ein perfektes Auswahlverfahren dafür gesorgt, dass nur staatskonform auftretende Abiturienten einen Studienplatz bekamen. Gesellschaftliches Engagement in den Massenorganisationen und die militärische Ausbildung wurden im Studium genauso hoch bewertet wie fachliche Kenntnisse.


Jedoch waren die vom politischen System ständig geforderten moralischen Bekenntnisse zum Sozialismus meist nur noch Lippenbekenntnisse. Die erwartete freiwillige Teilnahme an studentischen Arbeitseinsätzen in den Semesterferien oder in sozialistischen Produktionsbetrieben wurde oft als lästige Pflichtübung betrachtet. Die Erfahrungen mit der wirtschaftlichen Realität der DDR entfachten keine Begeisterung für den Sozialismus.
Das starre ideologische System funktionierte scheinbar perfekt bis zum Ende. Doch die Kluft zwischen Alltagserfahrungen und der staatlichen Propaganda vergrößerte sich immer mehr. Ungeliebte Anpassungsleistungen an politische Vorgaben führten zu einem wachsenden Unwillen.


Das wird im letzten Jahr der DDR an den Hochschulen deutlich sichtbar: es gibt keinen offenen Widerstand gegen das System. Selbst vorsichtiger Protest, wie beim SputnikVerbot im November 1988, wurde mit Disziplinarstrafen hart verfolgt. Erst als sich im Herbst 1989 Freiräume öffnen, nutzt die studierende Jugend ihre Freiheiten wieder.

Mit dieser Darstellung studentischer Lebenswelten am Ende der DDR wird ein vergleichender Blick für die heutigen Studierenden möglich. Die Ausstellung will der nachwachsenden Generation insbesondere die Gefahren eines ideologischen Hochschulsystems vor Augen führen und zum Nachdenken über Diktatur und Demokratie anregen.

Eine Wanderausstellung der Universitäten Chemnitz, Halle / Saale, Jena, Leipzig, Magdeburg und Weimar.

www.studienjahr1988.de