Kommerzielle Ausbildung in der DDR

Ab Anfang der 1980er Jahre versuchte die DDR durch ausländische
Studenten Devisen zu erwirtschaften. Nach Karl-Marx-Stadt kamen
zuerst libysche Studenten, ihnen folgten syrische Aspiranten und
kamerunische Studenten.

Ende der 1970er Jahre wurden in der DDR die enormen Schulden gegenüber der Bundesrepublik immer deutlicher. 1,6 Milliarden Deutsche Mark (DM) Exporterlöse standen 11 Milliarden DM Schulden gegenüber. Einsparungen bei Sozialleistungen und eine Reduzierung des Imports wurden von Honecker abgelehnt. Im Hintergrund stand das Anliegen
der DDR, international als das ökonomisch gerechtere und damit bessere Deutschland wahrgenommen zu werden.


Im Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen stellte man zu dieser Zeit fest, dass die Ausbildung von Ausländern in der DDR zwar außen- und handelspolitisch erwünscht war, die Interessen der Partner, besonders aus den Entwicklungsländern, jedoch die Möglichkeiten der DDR überstiegen. 92 Prozent der Ausländer studierten im Rahmen zwischenstaatlicher Vereinbarungen »voll auf Kosten der DDR«.
Folglich forderte man den Abschluss von kommerziellen Verträgen, in denen die Entwicklungsländer »zur Übernahme von Stipendien-, Reise- und Ausbildungskosten verpflichtet werden«. Die neuen Verträge sollten
»zu Valutaeinnahmen der DDR führen«.

Das Ministerium führte drei Varianten ein: Weiterhin kostenlose Studienplätze bekamen zum Beispiel der Kongo und Jemen;
anteilige Kostenübernahmen wurden etwa vom
Irak und Äthiopien verlangt. Unter anderem Libyen sollte dagegen die Ausbildungskosten in voller Höhe übernehmen.
An der TH Karl-Marx-Stadt begann die kommerzielle Ausbildung am 1. August 1982 mit einem einjährigen Vorbereitungskurs für
164 libysche Studenten, die zunächst in Breitenbrunn sprachlich zum Studium befähigt wurden. Die eigentliche dreieinhalbjährige
Ausbildung wurde auf Betreiben der Libyer bald nach Karl-Marx-Stadt verlegt. Für die Devisen zahlenden Studenten wurden in Rekordzeit ein Wohnheim und ein eigener Speisetrakt errichtet. Konfliktfrei war das Verhältnis zu den devisenbringenden Studierenden jedoch nie.


Am 15. Juni 1987 beendeten die ersten auf kommerzieller Basis ausgebildeten Ausländer ihr Studium an der Technischen Universität
Karl-Marx-Stadt (TUK). Doch die Studenten aus Libyen blieben nicht die Einzigen. Ihnen folgten Syrer, Kameruner und zahlreiche Individualstudenten aus verschiedenen Ländern.